Der Splitter und der Balken

Das Enneagramm für Körper, Geist und Seele

Als ich das Enneagramm kennenlernte, wollte ich vor allem andere Menschen besser verstehen. Ich schlug mich mit Kommunikationsproblemen im Business herum und dachte, dass dies vor allem ein Problem des Kommunikationsmediums (Brief, eMail, Telefon oder persönliches Gespräch) oder der anderen Menschen sei. War es zum Teil auch, aber durch das Beschäftigen mit dem Enneagramm lernte auch ich mich besser kennen. Schon bald wusste ich, dass ich eine 8 war. Dies vor allem, weil in mir eine ständige Wut köchelte oder kochte und ich endlich ein Konzept fand, das mir das erklärte.
Was habe ich in all diesen Jahren und bei verschiedenen Enneagrammschulen gelernt? Zuerst einmal, dass ich nicht nur aus einem Bauch bestehe, sondern auch aus Kopf und Herz. Zwar ist mein Bauch mein Betriebssystem, aber die zwei anderen Zentren sollte nicht vernachlässigt werden. Seit ich ganz bewusst dem Herz energetisch mehr Raum lasse (durch Singen, Opernbesuche, Gefühle hinter der Wut wahrnehmen und zulassen), gibt es interessante Gespräche zwischen Herz und Kopf. Der Bauch erstaunlicherweise hält sich da raus. Jahrelang war ich nur Kopf/Bauch-orientiert, was zu einer Verarmung meiner Gefühlskompetenzen und zu Abgrenzungsproblemen führte. Durch die Aktivierung des Herzzentrums fällt es mir heute leichter in einer wertschätzenden Art, Unangenehmes zu sagen. Auch der Ton des Gesagten kann so variiert werden.
Als Coach für Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten muss ich immer schmunzeln, wenn mich die Coachees persönlich treffen wollen. Da weiss ich, dass es sich um einen Herzmenschen handelt. Durch das systemische Arbeiten mit dem Enneagramm ist mir die Dimension Seele näher gekommen. So habe ich auch gleichzeitig mein genneogrammatische Familiengeschichte angeschaut und aufgearbeitet. Dies übrigens hervorragend gecoacht von Andreas Ebert und Niklas Tartler.
Wo aber sehe ich die Dimension Geist? Wir lesen gerade in der Intervision das Jesus Enneagramm von Clarence Thomson und es hat mich sehr berührt, was im Kapitel zur 8 stand. Der Schlüssel zu einer geistlichen Weiterentwicklung ist die Vergebung! Ich habe so letzen Sommer ganz aktiv vergeben können. Zuerst musste das aber über den Kopf laufen und irgendwann sickerte es in mein Herz, bis es stattgefunden hat. Ich habe in den letzten Jahren selber erlebt wie stark die Herzensenergie jegliche Rachegefühle der 8 tilgen kann. Da hat mir mein Trostpunkt 2 sehr geholfen. In dieser Herzensliebe einzutauchen und Menschen liebevoll zu begegnen, die es eigentlich überhaupt nicht verdienen, liegt eine große Stärke! Nämlich die Lebensweisheit, dass Liebe immer stärker als Hass ist und Hass sich irgendwann gegen einen selber richtet und destruktiv ist. Und sind nicht alle Früchte des Heiligen Geistes (Galater 5,22-23: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung) eben auch positive Enneagrammqualitäten?
Das Enneagramm begeistert mich weiter und begleitet mich als geistliche Mutter. Es ist erfüllend, Menschen aufzubauen und zu ermutigen anstatt niederzumachen und zu entmutigen. Es ist spannender konstruktiv zu streiten anstatt zu schweigen. Schließlich ist es sehr erfüllend, Menschen mit ihren individuellen Gaben zu fördern, zu entwickeln und in ihre Bestimmung hineinzuführen. Und das ist auch meine Vision für die nächsten Jahre.

Sophia Maria Würmli, Schweiz

Erschienen im Enneaforum Nr. 51, Titelthema: „Das Enneagramm für Körper, Geist und Seele“, Mai 2017

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